Der Artikel analysiert die Verbindung zwischen der menschlichen Psyche und Essgewohnheiten, insbesondere im Kontext des emotionalen Essens. Therapeutische Ansätze beinhalten Psychoedukation zur Ursachenaufklärung der Verhaltensstörung, sowie Verhaltenstherapie zur Förderung von Selbstbestimmung und Selbstkontrolle. Die Berücksichtigung biologischer, psychologischer und sozialer Aspekte ist dabei von entscheidender Bedeutung.

Emotionales Essen

Es gibt Menschen, die essen, obwohl sie sich satt fühlen und auch tatsächlich satt sind. Andere wiederum nehmen Lebensmittel zu sich, obwohl sie wissen, dass sie schädlich für sie sind

Es gibt Menschen, die so viel essen, obwohl ihnen bewusst ist, dass sie übergewichtig sind oder an Adipositas leiden. 

Das G e f ü h l, der Wunsch oder gar der Zwang, mehr zu sich zu nehmen, als es vernünftig wäre, ist stärker als der Wille und die Kraft, Kontrolle und Selbstbestimmung über die eigene Nahrungsaufnahme ausüben zu können.

Menschen, die sich in dieser Beschreibung wiederfinden können, werden auch emotionale Esser genannt. Sie unterliegen einem Leidensdruck, wie er vom Suchtverhalten bekannt ist. Kontrollverlust und Verlust der Selbstbestimmung.

Es lohnt sich also einen Blick auf die Phänomene Hunger und Essen zu werfen.

Die Ursachen sind vielfältig

Man unterscheidet zwei Aspekte, die den Menschen zum Essen anregen.

Der erste Aspekt wird der homöostatische Aspekt genannt. In all seinen Prozessen versucht das System ‚Körper‘ einen Gleichgewichtszustand herzustellen, die Homöostase.  Dies Bestreben kann rein biologisch so beschrieben werden, dass der Körper seinen Energiebedarf meldet und zur Kalorienzufuhr anregt.

Der zweite Aspekt wird auch der hedonische genannt, nach dem Begriff des Hedonismus, dem genussorientierten Teil des menschlichen Lebens. Er umfasst die emotionalen Reize, die den Menschen dazu triggert, die rein körperlichen Hunger- und Sättigungssignale zu umgehen.

Volkstümlich findet dieses Phänomen seinen Ausdruck in der Formulierung, dass ‚die Augen größer sind als der Magen.‘

Eine eindeutige Trennung ist nicht möglich

Klar und eindeutig trennen lassen sich beide Aspekte aber nicht. So können einige rein körperlich-biologische Faktoren die ‚natürliche‘ Appetitregulierung stören, wie zum Beispiel ein chronisch hoher Stresspegel, Schlafstörungen, Diabetes, Insulinresistenz und chronische Entzündungen. Alle Faktoren, die dazu führen, dass der Mensch keine Befriedigung oder Zufriedenheit nach einem Essen spürt, gehören auch dazu.

Aber auch psychische Störungen wie Depressionen beeinflusst durch oder mit Einfluss auf den Serotonin- und Dopaminhaushalt spielen eine große Rolle.

Diese Vielzahl und unterschiedliche Qualitäten von Faktoren und ihre sehr differenzierten Zusammenhänge und Wechselwirkungen müssen vor Beginn einer Therapie fachärztlich genau abgeklärt werden.

Emotionales Essen ist also sowohl körperlich als auch seelisch begründetes Verhaltensmuster, oft eine Koppelung von physiologischen und psychologischen Gewohnheiten.

Ein bekanntes Beispiel

Aus der Frauenheilkunde ist bekannt, dass die Menstruation häufig zum Genuss von Schokolade veranlasst, man sich damit tröstet. Während der Menstruation sinken die Spiegel von Eisen, Kalzium, Magnesium und Phosphor, sie geraten aus dem Gleichgewicht (Homöostase), führen zu Unwohlsein und man möchte sich trösten.

Bild von Pexels auf Pixabay
Bild von Pexels auf Pixabay

Schokolade und Kakao enthalten Eisen und andere Mineralien und können damit sowohl das körperliche als auch das emotionale Gleichgewicht wieder herstellen.

Die Vergangenheit spielt eine große Rolle

Traumata der Kindheit, Missbrauchserfahrung körperlicher, seelischer und sozialer Art können zu emotionalem Essen führen, wie zum Beispiel das Binge-Eating.

Emotionales Essen mit der Folge von leichtem Übergewicht bis hin zum adipösen Körperschema kann zu Scham, gestörtem Selbstbewusstsein und Selbstisolierung führen, insbesondere dann, wenn im Kindes- und Jugendalter Mobbing-Erfahrungen hinzukommen.

Eine angemessene Therapie kann helfen

Der therapeutische Ansatz hat also ein multimodaler zu sein.

Psychoedukation, das heißt, Aufklärung der möglichen psychischen Ursachen des abweichenden Verhaltens, über Abklärung der möglichen organischen Gründe, bis hin zur Verhaltenstherapie, um den Betroffenen den Weg zur Selbstbestimmung und Selbstkontrolle zu eröffnen.

Die möglichen und notwendigen Interventionen entsprechen dem Bild des Menschen als biologisches, psychologisches und soziales Wesen.

Quelle: Emotional Eating Isn’t All Emotional – Medscape – May 16, 2023