Die intermittierende explosive Störung als psychische Krankheit IED: Was ist das?

Die kurze Zündschnur Warum manche Menschen so leicht in die Luft gehen
Die kurze Zündschnur Warum manche Menschen so leicht in die Luft gehen

Die intermittierende explosive Störung (IED: intermittierende explosive Dysfunktion) ist eine psychische Erkrankung, die durch impulsive, aggressive Ausbrüche von Wut und Gewalt gekennzeichnet ist.

Menschen, die an dieser Störung leiden, haben Schwierigkeiten, ihre impulsive Aggression zu kontrollieren, was zu schwerwiegenden Folgen für sie selbst und ihre mit- und zwischenmenschlichen Beziehungen führen kann.

Diagnostischer Ansatz

Bei der intermittierenden explosiven Störung handelt es sich um eine psychiatrische Diagnose, die durch intensive Wut- oder Aggressionsausbrüche gekennzeichnet ist, die im Verhältnis zur jeweiligen Situation als unverhältnismäßig angesehen werden kann.

Erfahrungen aus dem alltäglichen Leben

Der Umgang mit Wut
Der Umgang mit Wut

Manche Menschen werden von ihrer Wut kontrolliert, obwohl sie sich bemühen, die Kontrolle und somit ihre Haltung zu bewahren. Oft gelingt es ihnen nicht und die Angehörigen, Freunde und Bekannte äußern sich besorgt und befremdet über das Verhalten.

Menschen mit ‚Wutproblemen‘ können verbal um sich schlagen, zu körperlicher Gewalt neigen und Gegenstände zerstören oder gar gewalttätig und körperverletzend gegen ihre Mitmenschen werden.

Aggressionen im Straßenverkehr treten auf, wenn jemand glaubt, er werde bewusst von der Straße verdrängt oder beim Überholen geschnitten.

Man wird vom Partner kritisiert, gerät unmittelbar außer sich vor Wut und zerstört umherliegende Gegenstände, es kommt zu tätlichen Angriffen und Schimpftiraden, zu Geschrei und Gebrüll und vielleicht sogar zum Türen eintreten. Manche Betroffenen meinen, sich durch aggressives Verhalten im Straßenverkehr abreagieren zu können. Oft werden solche Ausbrüche begleitet von Reue und Schamgefühlen, wenn der Betroffene wieder zur Ruhe gekommen ist. Dies kann nach einigen Minuten oder auch erst Stunden geschehen.

Ursachen von IED

Die genauen Ursachen der Erkrankung sind noch nicht vollständig erforscht. Es wird angenommen, dass es sich um eine Kombination von Stoffwechselstörungen im Gehirn, genetischen Faktoren und Einflüsse der Umwelt handelt.  Häufig ist auch ein gestörter Serotoninstoffwechsel zu beobachten.

Serotonin ist ein Botenstoff, der in unserem Nervensystem Informationen weitergibt. Da es neben vielen anderen Prozessen auch unsere Emotionen beeinflusst, nennt der Volksmund Serotonin „Glückshormon“. 

Aber auch traumatische Lebensereignisse wie Missbrauch in der Kindheit oder bestimmte Persönlichkeitsmerkmale können ebenfalls Faktoren sein, die das Auftreten von IED begünstigen. Es gibt Hypothese, dass mehr als 80% unseres Sprechens und Tuns von unserem Unterbewusstsein gesteuert werden.

Beobachtbares Verhalten
Beobachtbares Verhalten

Die Diagnose

Um eine konkrete Diagnose zu erstellen, werden Betroffene befragt, sowie die Erfahrungen ihrer unmittelbaren Umgebung. Es wird nach Verhaltensmustern gefragt und nach möglichen Auslösern geforscht.

Eine klare Diagnose ist schwer zu erstellen, da eine Reihe anderer Störungen ähnliche Symptome aufweisen. Diese können eine bipolare, eine Borderline oder eine ADHS-Störung sein.

Die Therapie

Da die konkreten Ursachen der Erkrankung noch unklar und offenbar komplex sind also multikausal, empfiehlt sich eine sogenannte multimodale Therapie. Sie beruht auf einem ganzheitlichen Menschenbild und sieht den Menschen, der als biologisches, psychologisches, soziales und kulturelles Wesen in seiner jeweiligen Umwelt entwickelt.

Die medikamentöse Therapie

Sie umfasst zum Beispiel Psychopharmaka wie Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (z.B. Fluoxetin) oder Antiepileptika (z.B. Carbamazepin als Finlepsin, Sirtal oder Tegretal).

Sie werden zur Stabilisierung und Stimmungsaufhellung verabreicht.

Psychotherapeutische Ansätze

Die medikamentöse Behandlung kann von psychotherapeutischen Maßnahmen begleitet werden. Ansätze hierzu die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), in der u.a. durch Psychoedukation neue Verhaltensweisen eingeübt und trainiert werden. Auch die dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) zeigt sich erfolgreich z.T. durch konfrontationstherapeutische Interventionen, in denen der Betroffenen mit seinem Verhalten konfrontiert wird, er es unmittelbar erfährt und erlebt und daraufhin in einen Reflexions- und Transformationsprozess geführt und begleitet werden kann.

Der Betroffene lernt, seine impulsiven Verhaltensweisen zu kontrollieren und positive Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Ein Gleichgewicht aller drei Kraftzentren des Menschen ist eine der wesentlichen Voraussetzungen.

Verstand – Körper – Gefühl
Verstand – Körper – Gefühl

Fazit

Mit geeigneter und individuell angepasster ganzheitlicher Behandlung und Unterstützung können die meisten Menschen eine deutliche Verbesserung ihrer Symptome erreichen.

Regelmäßige therapeutische Sitzungen und medikamentöse Überwachung und Entwicklung geeigneter Bewältigungsstrategien können die Beeinträchtigungen erheblich verringern und das Leben mit der Störung erträglicher machen.

Die intermittierende explosive Störung ist eine ernste psychische Erkrankung. Es ist wichtig, die Ursachen zu verstehen, umfassende Diagnoseverfahren anzuwenden und eine dem Betroffenen adäquate Therapiestrategie zu entwickeln. Nur so können Menschen mit IED die Kontrolle über ihre impulsive Aggression und somit über sich selbst zurückgewinnen und ein stabileres und erfülltes Leben in ihrem familiären, beruflichen und sozialen Umfeld führen. Und sie können somit letztlich auch wieder einen acht- und heilsamen Umgang mit sich selbst pflegen.

Why Explosive Anger Isn’t Just a ‚Bad Attitude,‘ but a Symptom – Medscape – Aug 31, 2023

Grafiken: Achim Weidner