Zwei, die sich sehr ähnlich sind und doch so verschieden. Annäherung über den Alltag
Das Herz gilt als das zentrale Organ unseres Körpers. Es steht nicht nur für die physischen, sondern auch die psychischen und emotionalen Aspekte des Lebens. Das Herz ist das Symbol, die Metapher als Sitz der Liebe und der menschlichen Zuneigung. Ausdrücke wie ‚er hat ein gutes Herz‘, ‚er hat das Herz auf dem rechten Fleck‘, oder ‚mein Herz schlägt nur für dich‘ machen dies in der Alltagssprache deutlich.
Das Herz ist aber auch ein sehr verletzliches, vulnerables Organ. Elton John und Kiki Dee fordern sich auf ‚Don’t go breaking my heart‘, die Backstreet Boys singen in einem Song mit gleichem Titel über die ‚Mixed Emotions‘, die dabei entstehen können, und nicht zuletzt der klassische Weihnachtssong von ‚Last Christmas‘, wo George Michael darüber klagt, dass er jemandem ‚sein Herz schenkte, der Beschenkte es aber nicht zu schätzen wusste. Alles Fälle, in denen Herzen gebrochen wurden. Broken Hearts als überaus menschliche Erfahrung.
Das Broken-Heart-Syndrom aus medizinisch-psychologischer Sicht
Das Broken-Heart-Syndrom, auch bekannt unter dem Namen Takotsubo-Kardiomyopathie, ist eine äußerst bemerkenswerte Erkrankung. Äußere Anzeichen, Symptome, sind denen eines Herzinfarkts sehr ähnlich. Diese können Brustschmerzen mit Ausstrahlung in Arm- und Rückenbereich, Atemnot, Schweißausbrüchen, unregelmäßiger Herzschlag oder gar Herzrasen und Übelkeit sein.
Ursachen des Broken Hearts sind zumeist starker emotionaler Stress, hervorgerufen durch ein traumaartiges Ereignis wie zum Beispiel der plötzliche Verlust eines geliebten Menschen, des Arbeitsplatzes oder eine Veränderung der Lebenssituation, die nicht vorhersehbar und beeinflussbar war. Dazu zählen zum Beispiel auch Liebeskummer, Gewalterlebnisse, Mobbing und Leidensdruck durch Depression. Es handelt sich also um Erfahrungen des Kontrollverlustes im privat-persönlichen, sozialen oder beruflichen Bereich. Unsere unmittelbare individuelle Existenz ist betroffen, es entsteht ein massiver Anstieg der Stresshormone. Der Mensch empfindet Angst und Panik. Auf mittlere und längere Sicht kann sich dies zu einer manifesten Angststörung entwickeln, die sich von der eigentlichen Ursache entfernt und zu einer generalisierten Angststörung werden kann.
Eine schnelle und fachlich qualifizierte Diagnose und eine adäquate Intervention sind angesagt.
Der Herzinfarkt
Der wesentliche Unterschied
Während das Broken-Heart-Syndrom als Reaktion des Herzens in Folge quasi traumatischer Ereignisse gesehen wird, zeigt sich der Herzinfarkt als unmittelbare Folge von blockierten Blutgefäßen, von denen das Herz mit Sauerstoff versorgt wird. Blockiert werden die Gefäße von Blutgerinseln oder dem Plaque, also Ablagerungen an den Gefäßwänden. Die geringe oder vollständig unterbrochene Blutversorgung eines Teils des Herzmuskels führt zu Gewebeschäden. Die Symptome sind sehr ähnlich wie beim Broken-Heart-Syndrom starke, anhaltende Brustschmerzen, Atemnot, Schwäche und Schwindel etc. Hier sind die Symptome aber wesentlich stärker und in der Regel unmittelbar lebensbedrohend. Eine sofortige angemessene medizinische Intervention ist unabdingbar. Viele Kliniken haben deshalb eine sogenannte Stroke-Unit etabliert, eine Abteilung, die sich intensiv mit Fällen von Infarkt und Schlaganfall beschäftigt.
Die angemessene Reaktion
Für den Laien sind die Symptome erkennbar, nicht jedoch, um welchen der beiden Fälle handeln kann. Bei beiden Ereignissen werden massiv Stresshormone wie Adrenalin und Noradrenalin freigesetzt. Das Herz wird von diesen Hormonen in einer Art Kaskade so überschüttet, dass es zum Herzstillstand kommen kann. In jedem der beiden Fälle, sei es Broken-Heart oder Herzinfarkt, handelt es sich um eine lebensbedrohende Situation und der Notarzt ist zu rufen.
Im Fall des Broken-Heart-Syndroms gibt es kein einheitliches Vorgehen. Zunächst sind die Unterbringung und Überwachung auf der Intensivstation angezeigt. Ein Herzultraschall macht die Bewegungsstörungen der Herzkamme im Bereich der Herzspitze sichtbar. Die Muskulatur zeigt sich gewölbt und leicht aufgebläht. Die Pumpfunktion des Herzens ist eingeschränkt.
In der Regel werden Betablocker verabreicht, um die Wirkung der Stresshormone zu reduzieren und den Herzrhythmus zu stabilisieren. Sind die rein medizinisch-kardiologischen Maßnahmen getroffen und der Betroffene entlassen, liegt es an ihm, in Zukunft starken negativen Stress, also Dysstress, zu vermeiden. Dies kann durch psychotherapeutische Begleitung und Betreuung ermöglicht und erlernt werden. Psychoedukative Maßnahmen wie die Einübung in Entspannungs-, Atem- und Autosuggestionsmethoden sind dabei die Mittel der Wahl.
Prognose
Im Gegensatz zum Herzinfarkt hat das Broken-Heart-Syndrom in der Regel eine sehr gute Prognose, eine bessere als jede andere Herzerkrankung. Die Betroffenen erholen sich nach relativ kurzer Zeit und nach einigen Wochen sind keine Fehlfunktionen des Herzens mehr festzustellen. Jedoch neigen in seltenen Fällen Betroffene später zu einem Herzinfarkt oder erleiden ein Herzversagen. Da dies auch als Folge einer bleibenden Herzinsuffizienz gesehen werden kann, sollen ehemaligen Broken-Heart-Patienten immer über einen längeren Zeitraum allgemein- und fachärztlich begleitet werden. Denn, wie bei allen tiefgreifenden Störungen, Erkrankungen und Erfahrungen, ein wenig bleibt immer zurück. So ganz wie vorher wird’s nie wieder.
Quellen:
- New Insights Into Mortality in Takotsubo Syndrome – Medscape – January 16, 2024.
- www.tk.de › was-ist-das-broken-heart-syndrom-2115504Was ist das Broken-Heart-Syndrom?
- https://herzmedizin.de/fuer-patienten-und-interessierte/wissen/kardiopedia/broken-heart-syndrom-ursachen-behandlung.html
- Bild 1 | Broken-Heart-Syndrom und Herzinfarkt
- Bild 2 | Broken-Heart-Syndrom und Herzinfarkt