Meine Damen und Herren,
ich stehe heute hier, eingeladen – oder besser: hereingelassen – in eine Arena, die für mich ein zutiefst fremder Ort ist. Es ist eine Art ironischer Pflicht, die mich bewegt, hier zu sprechen, denn derjenige, der warnen will, spricht oft nicht zu den Einsichtigen, sondern zu denen, die die Einsicht verweigern.

Es ist nicht mein Anliegen, Sie zu beschimpfen. Das wäre zu leicht, zu unproduktiv. Aber ich werde nicht zögern, klar zu benennen, was Sie hier vertreten: eine Politik, die sich nicht aus einer tiefen Überzeugung für den Menschen speist, sondern aus einer Mischung aus Ressentiment, Angst und gefährlicher Nostalgie.
Sie, die Sie sich als Hüter einer vermeintlich bedrohten „Heimat“ sehen, seien gewarnt: Die Heimat, die Sie verteidigen, ist nicht die Heimat des Humanismus. Sie ist eine Heimat der Abschottung, der Gleichgültigkeit und des Hasses auf alles, was anders ist – auf alles, was den Horizont erweitert, statt ihn zu verengen. Sie sprechen von „Mut zur Wahrheit“, doch die Wahrheit, die Sie meinen, ist eine konstruierte, engstirnige Fiktion.
Die Gefahr der Dummheit
Lassen Sie mich über Dummheit sprechen, eine Dummheit, die mehr ist als bloß fehlendes Wissen. Es ist eine Dummheit des Herzens, eine, die sich weigert, sich der Verantwortung zu stellen, die uns unsere Geschichte auferlegt. Sie wissen, was ich meine: Es ist die Dummheit, die aus Auschwitz nichts gelernt hat. Es ist die Dummheit, die sich einbildet, aus einem Land der Täter ein Land der Opfer zu machen.
Ihre Politik ist der unheimliche Nachhall dieser Dummheit. Sie sehen die Welt in Kategorien von „wir“ und „die anderen“. Sie glauben, dass Stärke durch Abgrenzung entsteht und Identität durch Abwehr. Aber ich sage Ihnen: Stärke entsteht nur durch Solidarität, und Identität ist immer plural, nie monolithisch.
Verantwortung statt Ressentiment
Ich weiß, Sie wollen nicht hören, dass wir Verantwortung tragen – Verantwortung nicht nur für die Vergangenheit, sondern für die Gegenwart und die Zukunft. Verantwortung heißt, sich nicht in den bequemen Schatten des Ressentiments zurückzuziehen, sondern die Welt, wie sie ist, anzuerkennen.
Doch Sie belügen sich selbst. Sie behaupten, für die „kleinen Leute“ zu sprechen, aber Ihre Politik dient nicht der Mehrheit, sondern spaltet und schwächt sie. Sie reden von „Souveränität“, während Sie die Komplexität unserer globalisierten Welt ignorieren und einfache Antworten auf komplizierte Fragen anbieten – Antworten, die immer wieder scheitern werden, weil sie auf Illusionen beruhen.
Sie betrügen sich auch über die Konsequenzen Ihrer eigenen Ideologie. Sie reden von „Schutz der Familie“, „Kultur“ und „Tradition“, während Sie mit Ihren Konzepten nichts aufbauen, sondern nur zerstören. Ihre vermeintliche Heimatliebe ist ein Feigenblatt für Ausgrenzung, und Ihr Ruf nach „Sicherheit“ ein Deckmantel für die Angst vor dem Anderen.
Aufruf zum Aufwachen
Wachen Sie auf, meine Damen und Herren! Begreifen Sie, dass Ihre Ängste instrumentalisiert werden. Ihre „Heimat“ ist ein Phantom, Ihre „Werte“ sind eine Fiktion, und Ihre Politik führt zu nichts als Zerstörung.
Haben Sie den Mut, sich einzugestehen, dass Ihre Idee eines ethnisch homogenen und kulturell abgeschotteten Deutschlands nicht nur illusorisch ist, sondern gefährlich. Die Welt, die Sie herbeisehnen, hat in der Geschichte immer nur Leid gebracht – nicht nur den Anderen, sondern am Ende auch Ihnen selbst.
Fragen Sie sich, warum Sie sich so verzweifelt an falschen Feindbildern festhalten. Ist es nicht bequemer, mit dem Finger auf „die da oben“ oder „die Fremden“ zu zeigen, als die eigentlichen Herausforderungen unserer Zeit anzuerkennen? Der Kampf gegen Klimawandel, soziale Ungleichheit und eine gerechtere Weltordnung verlangt echte Anstrengung – nicht das Nachbeten simpler Parolen.
Jean Améry (* 31. Oktober 1912 als Ha(n)ns Mayer[1] in Wien, Österreich-Ungarn; † 17. Oktober 1978 in Salzburg) war ein österreichischer Schriftsteller, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und ein Opfer des Nationalsozialismus. Seit 1955 verwendete er das Pseudonym Jean Améry, wobei Améry ein Anagramm von Mayer und Jean die französische Form von Hans ist. Notariell wurde dieser Name 1966 beglaubigt. (Wikipedia)
Inspiration: https://www.deutschlandfunkkultur.de/auschwitz-holocaust-jean-amery-primo-levi-100.html
(Diese Rede wurde nie gehalten. Der Inhalt beruht auf der Sendung des Deutschlandfunks vom 25.1.2025 und ist mit Unterstützung von KI erstellt.).