Das Messie-Syndrom, in der Psychiatrie als Hoarding Disorder (HD) bekannt, betrifft zwischen 2 und 6 Prozent der deutschen Bevölkerung und stellt zunehmend ein gesellschaftliches Problem dar. Besonders ältere Menschen sind betroffen. Während HD in der Gesamtbevölkerung relativ selten auftritt, steigt die Prävalenz bei Menschen über 70 Jahren auf bis zu 6 Prozent. Die psychische Erkrankung ist durch eine pathologische Unfähigkeit gekennzeichnet, sich von Gegenständen zu trennen – unabhängig von deren objektivem Wert.

Warum sammeln Menschen Dinge?

Für Betroffene haben die Gegenstände oft eine emotionale Bedeutung. Sie dienen als Erinnerungen, vermitteln ein Gefühl von Sicherheit oder Kontrolle. Gleichzeitig leiden viele Messies unter Beeinträchtigungen in der Entscheidungsfindung, emotionalen Regulation und Impulskontrolle. Studien zeigen, dass genetische Faktoren und traumatische Erlebnisse eine Rolle bei der Entstehung der Erkrankung spielen können. Erste Symptome treten häufig in der Jugend auf, die Krankheit entwickelt sich jedoch schleichend und verstärkt sich mit der Zeit.

Mit zunehmendem Alter können körperliche Einschränkungen die Fähigkeit, Gegenstände zu entsorgen, weiter erschweren. Dies führt zu einer gefährlichen Anhäufung von Dingen, die nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen, sondern auch deren Sicherheit bedroht. Wohnungen werden unzugänglich, es besteht ein erhöhtes Risiko für Stürze, Unfälle oder Brände.

Gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen

Die Folgen des Messie-Syndroms, der Hoarding Disorder, sind nicht auf die Betroffenen beschränkt. Daten aus den USA, die auf Deutschland übertragbar sind, zeigen, dass es in Messie-Haushalten deutlich häufiger zu Bränden kommt. Zwischen 2014 und 2022 stieg die Anzahl von Brandfällen, die mit überfüllten Wohnverhältnissen zusammenhingen, um 26 Prozent. Allein in dieser Zeit entstanden Schäden in Höhe von umgerechnet über 370 Millionen Euro. Zudem sind Rettungskräfte bei der Arbeit in solchen Haushalten einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgesetzt.

Auch auf sozialer Ebene sind die Auswirkungen gravierend. Viele Betroffene isolieren sich, verlieren ihre Wohnung oder geraten in rechtliche Konflikte mit Vermietern und Behörden. Für die Gesellschaft entstehen dadurch immense Kosten in den Bereichen Gesundheitswesen, Sozialhilfe und öffentlicher Sicherheit.

Behandlung und Prävention

Therapeutische Ansätze für das Messie-Syndrom sind noch begrenzt, jedoch gibt es vielversprechende Ansätze. Eine spezialisierte kognitive Verhaltenstherapie (CBT), die von den US-amerikanischen Forschern Randy Frost und Gail Steketee entwickelt wurde, hat sich als effektiv erwiesen. Diese Therapie umfasst Module zur Impulskontrolle und Entscheidungsfindung, die Betroffene dabei unterstützen, ihre Sammelgewohnheiten zu hinterfragen und gezielt neue Denk- und Verhaltensmuster zu entwickeln. Gruppenprogramme ermöglichen zudem den Austausch mit anderen Betroffenen und haben sich als kostengünstige Ergänzung bewährt.

Zukünftige Ansätze könnten Virtual-Reality-Technologien beinhalten, die es Betroffenen ermöglichen, das Entsorgen von Gegenständen in einer sicheren, kontrollierten Umgebung zu üben. Erste Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse, insbesondere bei älteren Menschen, die Schwierigkeiten haben, konventionelle Therapien in ihren Alltag zu integrieren. Weiterhin können Gruppensitzungen über zoom-conference den Betroffenen helfen, über mediale Distanz aus ihrer Anonymität herauszutreten.

Was muss geschehen?

Um dem Problem zu begegnen, sind nicht nur individuelle Therapien, sondern auch gesellschaftliche Maßnahmen erforderlich. Bildungskampagnen könnten das Bewusstsein für die Krankheit schärfen, während soziale Dienste und Wohnungsbehörden besser geschult werden sollten, um angemessen auf betroffene Menschen zu reagieren. Es braucht zudem eine stärkere Zusammenarbeit zwischen medizinischen, sozialen und rechtlichen Akteuren, um sowohl präventive als auch akute Lösungen bereitzustellen.

Das Messie-Syndrom ist nicht nur eine persönliche Tragödie, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem. Eine stärkere Sensibilisierung und koordinierte Maßnahmen könnten dazu beitragen, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und die Belastung für die Gesellschaft zu verringern.

Quelle:

  • Hoarding Disorder: A Looming National Crisis? – Medscape – November 25, 2024.
  • Bild: KI-generiert. ChatGPT