Überblick: Digitale Zwillinge sind persönliche, virtuelle Abbilder von Patienten, die helfen, Therapien besser zu planen und Krankheitsverläufe vorherzusagen. Sie nutzen vielfältige Daten und könnten die Medizin individueller, schneller und sicherer machen – trotz aktueller Herausforderungen bei Technik und Datenschutz.
In der modernen Medizin taucht ein neues, vielversprechendes Konzept auf: der digitale Zwilling. Dabei handelt es sich um ein virtuelles Abbild des Körpers oder einzelner Körperteile, das einem bestimmten Menschen zugeordnet ist. Dieses Modell kann einzelne Organe oder ganze Systeme wie den Blutkreislauf oder das Nervensystem darstellen. Ziel ist es, die Funktionsweise und das Verhalten des Körpers möglichst realistisch zu simulieren, um daraus medizinisch nutzbare Erkenntnisse zu gewinnen.
Individuell statt allgemein
Wichtig ist dabei: Der digitale Zwilling ist kein Durchschnittsmodell eines Patienten, sondern ganz individuell. Er wird speziell für eine einzelne Person erstellt und spiegelt deren körperliche und teilweise auch psychische Besonderheiten wider. So entsteht ein maßgeschneidertes Modell, das zeigt, wie genau dieser Körper auf bestimmte Medikamente, Therapien oder auch Krankheiten reagieren könnte. Forschende und Ärztinnen können mithilfe dieses Modells Behandlungsmöglichkeiten besser planen, Risiken früher erkennen und neue Wege der Therapie ausprobieren – ganz ohne Gefährdung der realen Person.
Ein Beispiel aus der Krebsmedizin
Am spanischen Krebsforschungszentrum CNIO wird derzeit ein besonders spannendes Projekt entwickelt: Digitale Zwillinge von Frauen mit fortgeschrittenem Krebs. In diese Modelle fließen viele unterschiedliche Daten ein – etwa zur Genaktivität, zum Stoffwechsel der Tumoren, zur Herzfrequenz, zum Schlafrhythmus, zu Bewegung und emotionalem Befinden. Diese digitalen Zwillinge helfen nicht nur, die Krankheit besser zu verstehen, sondern auch die Wirkung von Behandlungen genauer einzuschätzen. So kann etwa ermittelt werden, ob sich das biologische Alter der Patientin während der Therapie verändert – was Hinweise auf den Behandlungserfolg geben kann.
Mehr Wissen durch komplexe Modelle
Je mehr Informationen in einen digitalen Zwilling einfließen, desto realistischer und nützlicher wird er. Die Verbindung unterschiedlichster Daten führt zu einem vielschichtigen, dynamischen Modell. So lässt sich nicht nur der aktuelle Zustand eines Menschen besser beurteilen, sondern auch vorhersagen, wie sich eine Krankheit entwickeln könnte – oder wie gut eine bestimmte Therapie anschlagen dürfte. Digitale Zwillinge ermöglichen also ein dialogartiges Arbeiten mit einem Modell, das ständig auf neue Daten reagieren kann.

Blick in die Zukunft – mehr als Diagnosehilfe
Digitale Zwillinge könnten künftig nicht nur bei der Diagnose helfen, sondern auch bei der langfristigen Betreuung chronisch kranker Menschen oder bei der Früherkennung von erblichen Erkrankungen. Ärztinnen und Ärzte könnten mit ihrer Hilfe erklären, warum vorbeugende Maßnahmen sinnvoll sind, und Patientinnen und Patienten dazu motivieren, sich besser an Präventionspläne zu halten. Gleichzeitig werden digitale Zwillinge auch in der Entwicklung von Medizinprodukten immer wichtiger. Wearables – also tragbare Geräte wie Smartwatches – liefern kontinuierlich Daten, die das virtuelle Modell des Menschen ständig aktualisieren können. Das wiederum hilft, Implantate besser anzupassen oder Behandlungsstrategien genauer auf den Einzelnen abzustimmen.
Herausforderungen und offene Fragen
Auch wenn die Möglichkeiten riesig sind, steht die Entwicklung digitaler Zwillinge noch am Anfang. Es braucht verlässliche technische Standards, internationale Zusammenarbeit und klare Regeln für den Datenschutz. Denn die Frage, wem ein digitaler Zwilling eigentlich gehört, ist noch nicht geklärt. Ebenso ist offen, ob solche Modelle weitergegeben werden dürfen – und unter welchen Bedingungen. In jedem Fall wird eine informierte Einwilligung der betroffenen Person notwendig sein. Nur so lässt sich ein verantwortungsvoller Umgang mit dieser Technologie gewährleisten.
Mehr als Simulation – eine neue Ära der Medizin
Schon heute werden digitale Zwillinge in der medizinischen Forschung, in klinischen Studien und sogar zur Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten eingesetzt. In Zukunft könnten sie auch Patientinnen und Patienten helfen, ihre Krankheit besser zu verstehen und gemeinsam mit dem medizinischen Personal Entscheidungen zu treffen. Die virtuelle Simulation eröffnet eine neue Dimension der Medizin – eine, die nicht nur schneller, sondern auch sicherer und individueller ist als bisherige Verfahren.
- Quelle: Digital Twins: Medicine’s New Crystal Ball? – Medscape – July 03, 2025.
- Übersetzung und Textbearbeitung: KI-unterstützt: ChatGPT und Copilot